Volkskunde

Aus Chronik Groß Kreutz
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Alltagskultur

Der "Alltag" - ist es wirklich so wie alle Tage, sind sie wirklich alle gleich? Wenn man die Spanne eines Lebens zurück denkt, also 70, 80 oder vielleicht sogar 100 Jahre, was hat sich nicht alles gravierend in unserem täglichen Dasein geändert. Das zwanzigste Jahrhundert hat so viele Veränderungen mit sich gebracht, dass hier nicht der Ort ist, alle aufzuzählen. Doch einige Wenige, die so selbstverständlich zum Leben gehören, und sich doch stark verändert haben, sollen hier kurz angerissen werden. Es ist nur eine kleine Auswahl, drum sind alle eingeladen, aus eigenem Erleben zu ergänzen! [[Datei: |200px|thumb|right|Die am verbreiteste Waschmaschine in der DDR; Aufn. W.H.j., 4/2021]]

 Die Begrüßung, ein wirklich alltäglicher Vorgang. Ein uraltes Ritual und höchst unterschiedlich bei den einzelnen Völkern. Auch hier auf dem Dorfe hat sich im Laufe der Zeit einiges geändert. Wenn man an die Mitte des vorigen Jahrhunderts zurück denkt, so wurde man von den Eltern so erzogen, dass zumindest die Leute, die man kennt, mit einem höflichen "Guten Tag" und mit Kopfnicken zu grüßen waren. Nun das Kopfnicken usw. verlohr sich beim Erwachsen werden recht bald. Und aus dem "Guten Tag" wurde recht bald ein kurzes "Tach". Natürlich ist die alte Höflichkeitsform nicht verschwunden, aber heute im 21. Jahrhundert ist ein freundliches "Hallo" üblich geworden. Und eines ist hinzu gekommen. Es wird von Vielen umarmt und sogar geküsst , obwohl man sich oft nur flüchtig kennt. Der "Bruderkuss" war sonst eigentlich nur bei den großen Genossen üblich, oder? Die Pandemie der COVID19-Krankheit hat diesem Gebahren vorerst einen Riegel vorgeschoben.
 Das Essen und die Esskultur gehört einfach zu den Lebens notwendigen Dingen. So einfach und doch manchmal so schwierig. Die wenigsten können sich heute noch daran erinnern, wie nach dem Kriege der Magen knurrte und trotzdem die Eltern, meistens die Mütter, dafür sorgten, dass wir am Leben blieben. Eisschrank oder Kühlschrank war eine tolle Errungenschaft, die erst später nach und nach erlaubten, frische Lebensmittel aufzubewahren. Wir Dorfbewohner hatten ja einen großen Vorteil den Städtern gegenüber. Wer ein Gärtchen besaß, konnte sich mit Gemüse selbst versorgen, und wenn man diese Möglichkeit nicht hatte, so war es doch etwas leichter an Lebensmittel heran zu kommen. Die Milch wurde beim Kaufmann in der Kanne geholt, und wehe, man kam ins Stolpern. Das vergangene Jahrhundert hat mit seinen unseligen Kriegen viele Engpässe verursacht, so dass alles Mögliche rationiert werden musste (Lebensmittelkarten s. Versorgung und Nothilfe). Fleisch war ein Seltenheit. Und heute..., gehen wir in den Supermarkt und kaufen für 3 Euro ein Kilogram xxxxx.
 Das Waschen, eine alltägliche Übung, sollte man jedenfalls meinen. Ich will hier nicht auf die Körperpflege eingehen, aber wie war das noch mit den kleinen Schietern, als sie auf die Welt kamen? Jeder brauchbare Stofffetzen wurde zur Windel gemacht und wenn sie gewechselt werden mussten, wurden sie ausgekocht und von Hand ausgewrungen. Keine Waschmaschine half. Im großen Kochtopf auf dem Herd in der Küche oder, wenn möglich, im kupfernen Kessel in der Waschküche, soweit vorhanden, wurden sie ausgekocht. Keine Wegwerf-Windeln. Der Waschzuber und das Waschbrett waren das Handwerkzeug für die Meisten bis weit in die Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts hinein. Als die kleinen Waschmaschinen, eine weit verbreiteter Typ in der DDR war die "WM 66", war das eine Riesenhilfe. Und wenn dann noch eine separate Wäscheschleuder dazu kam, hatten junge Familien viel Zeit gewonnen.
 Das Heizen. Wann und wo die erste Zentralheizungen im Dorf eingebaut wurde ist nicht bekannt. In die Villa von Prof. Schneider wurde 1914 eine Zentralheizung von der Brandenburger Firma Sonntag eingebaut. Die Häuser der Marwitz-Siedlung wurden 1938 mit Zentralheizungen ausgestattet. Dies war für damalige Zeit ein ungeheurer Luxus für Landarbeiterfamilien und nicht selbstverständlich. Die schlechten Zeiten nach dem Kriege erforderten viel Improvisationstalent. Der Sägespäneofen, ein in Tischlerwerkstätten übliche Art des Heizens, fand in Wohnzimmer seinen Weg. Sie gab es nicht so einfach zu kaufen in dieser Notzeit. Geschickte Schlosser bauten aus allem Möglichen kleine Öfen. Durch den Flüchtlingszustrom hauste in fast jedem Zimmer eine Familie – auch in Zimmern, für die kein Ofen vorgesehen war, musste ein Wärmequelle geschaffen werden. Da aber oft nur ein Schornstein für das Haus vorgesehen war, mussten Abzugsrohre quer durch die Räume zum nächsten Schornstein verlegt werden. Eigentlich waren seit dem  19. Jahrhundert Kachelöfen bewährt und beliebt, doch die gab es nicht in jedem Raum. Weitere Heizquellen waren Gusseiserne Öfen, die Kochstelle in der Küche , eventuell auch die Feuerstelle in den teilweise vorhandenen Waschküchen. Heizmaterial war vor dem Krieg für Zentralheizungen die Steinkohle bzw. Koks, aus dem Rheinland. Nach dem Krieg fiel dies alles weg und alles was brennbar war, diente für eine warme Stube. Holz, soweit erreichbar, wurde im Wald gesammelt; Stubben wurden mühselig gerodet,  zum Anzünden wurde Holz klein gespalten, sehr begehrt war Kien, das harzhaltige Holz der Kiefern. Als es in den Sechzigern und vor allem in den Siebzigern materiell besser ging, kamen sogenannte Etagenheizungen in Mode. Diese kleinen Öfen wurden mit Umwälzpumpen betrieben, oder funktionierten nach dem Schwerkraftprinzip. Einen „Quantensprung“ erlebte die Heiztechnik nach der „Wende“. Moderne Öfen auf Heizöl- oder Gasbasis wurden das Non plus Ultra. Getrieben von Energiepreisen und der Einsicht, dem immer mehr in das Bewusstsein der Menschen rückenden Klimawandel etwas entgegen zu setzen, rücken immer neuere, effizientere Wärmegewinnungsmethoden in den Vordergrund. Optimale Wärmedämmung beim Hausbau erlauben das Heizen mit Wärmepumpen. Sonnenkollektoren auf dem Dach fangen Sonnenenergie ein und Biogasanlagen sorgen für warmes Wasser und Räume. Wann werden alle geeigneten Dächer mit Photovoltaikanlagen versehen sein?

Die "technische Revolution" der letzten Jahrzehnte kann und soll hier nicht betrachtet werden. Es ist einfach zu vielfältig und es gibt dazu unendlich viel Literatur. Aber wer sehen will, wie unsere Altforderen gelebt und gearbeitet haben, dem sei ein Besuch im Heimatmuseum empfohlen.


Die Mode

Wie kaum ein anderer Bereich ist so schnelllebig, wie die Mode. Hier als Oberbegriff für das äußerliche und persönlichen Erscheinungsbild. Dieses Kapitel ist so vielfältig, so dass nur einige wenige Facetten betrachtet werden. Hinzu kommt noch der Umstand, dass aufgrund von Persönlichkeits- und Urheberrechten, eine bildliche Darstellung im Internet mit hohen Hürden verbunden sind. Einige Bilder zeigen die Moden vergangener Jahrzehnte.


Bräuche und Überliefertes

SITTEN UND BRÄUCHE (Erinnerungen zusammengetragen von Kantor Friedrich Hilgendorf)

Die Bewohner waren durchweg Ackerbauern, die ihren Dienst auf dem Gute zu verrichten hatten und denen bis zur Ablösung der Dienste wenig Zeit für die eigene Wirtschaft blieb. Sie gingen damals anders gekleidet. Die Männer trugen lederne, dunkle Kniehosen, weiße Strümpfe, schwarze Halbschuhe, eine blaue Tuchjacke und eine schwarze hutartige Mütze. Frauen und Mädchen waren mit halblangen grünen Tuchröcken bekleidet, trugen grüne lose Jacken mit langen Ärmeln und kleinem Schoß. Am Halse waren die Jacken ausgeschnitten. Den Kopf bedeckte eine schwarze oder bunte Kappe mit langen Nackenbändern. Zu Festen und zum Abendmahl wurde auf die Kappe eine weiße, storchenschnabelartige Haube gesetzt, um die Schultern ein weißes, dreieckiges Tuch mit Spitzen gelegt. Dazu wurde eine weiße Schürze umgebunden. Frauen und Mädchen trugen blaue Strümpfe und auch Halbschuhe.

Sollte der Fastelabend[1] gefeiert werden oder einmal Tanz sein, dann gab der Bauer, der im Dorfe die größte Stube hatte, diese dazu her. Die von der Herrschaft und den Bauern geschenkten Brote, Eier, Würste und Schinken wurden dann dort gemeinsam verzehrt, dazu dünnes Braunbier getrunken. Nach dem Tanz gab es Kaffee und Kuchen. Um 10.00 Uhr ging alles zu Bett.

Im Winter wurden die Spinnabende abgehalten. Sechs bis acht Frauen oder Mädchen bildeten einen Spinnkranz. Die Mädchen mußten erst ihr Pflichtstück für die Herrschaft spinnen. Schafften sie es nicht, mußten sie es sich spinnen lassen. Gesang, Geschichten erzählen, Wockenbrennen und allerlei Neckereien mit den jungen Burschen verkürzten dabei die Zeit.

Bräuche rund um die Hochzeit

Anders war es bei Hochzeiten[2]. Dazu lud der Hochzeitsbitter, an der Brust mit bunten Bändern geschmückt, die Herrschaft und das ganze Dorf ein. Jeder lieferte dazu Fleisch, Brot, Kuchen und sandte auch Geschenke. Die Herrschaft spendete den Wein. Die Braut ging mit schwarzem Kleid, weißem Brusttuch und weißer Schürze, auf dem Haupt den Myrtenkranz ohne Schleier zur Kirche. Das ganze Dorf zog mit. Voran die Musik. Pfarrer und Lehrer erhielten in der Kirche ein seidenes Halstuch auf den Altar gelegt; auch dem Bräutigam steckte die Braut solch ein weißes Tuch an die Jacke. Bauernhochzeiten dauerten drei Tage. Wer morgens zum Frühstück nicht wieder da war, wurde durch die jungen Männer mit einem Vorderwagen, auf dem ein Trompeter saß, ins Hochzeitshaus geholt. Die Hochzeit der Gutsdienstleute wurde bei gutem Wetter im Schloßpark gefeiert und die Hochzeit wurde von der

Hochzeitsgruß vom Dach des Solibaus; Foto:1956, Els

Der Polterabend – ist der Abend vor der eigentlichen Hochzeit. Zum Polterabend wird nicht eingeladen, aber rechtzeitig der Hochzeitstermin bekannt gemacht, so dass alle Freunde, Bekannten und Nachbarn, die sich dem jungen Paar verbunden fühlen, gemeinsam den Junggesellenabschied feiern können. Diese Feiern finden zumeist beim Anwesen der Braut bzw. ihren Eltern statt. Seinen Namen verdankt er dem Brauch, dass dort vor der Türe Porzellan und Keramik mit möglichst viel Getöse zertöppert wird. „Scherben bringen Glück“. Geächtet dagegen ist das Zerschlagen von Glas oder gar von Spiegeln. Zerbrochenes Glas bringt nach altem Aberglauben Unglück und zerbrochen Spiegel sogar sieben Jahre Pech. Die Scherben müssen von den Brautleuten gemeinsam weggeräumt werden, doch meistens hilft ein Elternteil. Zum Polterabend gehört neben ordentlichem Zechen und Schmausen, auch einige Scherze. Ganz besonders beliebt war es in Groß Kreutz, wenn man wusste, dass die Braut schon Nachwuchs im Bauch hatte, wurde ein Kinderwagen möglichst hoch, schwer erreichbar und weithin sichtbar aufgehängt. Einen ganz besonderen Glückwunsch bereiteten Groß Kreutzer Schülerinnen und Schüler einem Lehrerehepaar auf dem Dach des Solibaus. Heute wird der Polterabend aus praktischen Gründen oft vorverlegt und findet nicht am Vorabends der Hochzeit statt. Es gibt auch das andere Extrem, Hochzeit und Polterabend werden zusammen begangen nicht untypisch in der heutigen schnelllebigen Zeit.

Der Hochzeitszug – es ist noch keine 50 Jahre her, da wurde das Hochzeitspaar in die Kirche geleitet mit einem Gefolge der geladenen Gästen. Vorweg gingen kleine Mädchen mit einem Körbchen und streuten Blumen auf den Weg. Nach der Trauung ging dann der ganze Zug zur Feierlokalität. Oft wurde der Zug aufgehalten von „Wegelagern“ , sie forderten Tribut vom Bräutigam und dieser konnte sich nur freikaufen, indem er kleine Münzen unter das Volk warf.

Nach der standesamtliche oder kirchlichen Trauung fährt die Hochzeitsgesellschaft mit blumengeschmückte Autos und Bändern an den Autoantennen, laut hupend zum Feiern in eine Lokalität. Dort warten oft weitere Überraschungen. Ein sehr beliebte Aufgabe für das junge Paar ist das Sägen eines Holzstammes mit einer Schrotsägen. Hier kommt es auf einander abgestimmte Bewegungen an. Abwechselndes Ziehen und Nachgeben stimmt ein auf eine harmonische Ehe.

Pfingstbrauchtum - Ein alter bäuerlicher Brauch war es, zu Pfingsten die Hoftore mit frischem Grün von Birken zu schmücken.

Bauernregeln

Bauernregeln und andere Sprüche (aufgezeichnet von Bauer Stoof)

  • Vor Johannis bitt’ um Regen, nachher kommt er ungelegen.[3]
  • Hat die Gans zu Lichtmeß Wasser, hat das Schaf zu johanni’ Weide.[4]
  • Ist es zu Jakobi hell und warm, dann mach’ zu Weihnachten den Ofen warm.[5]
  • Bei einer Kindtaufe: Wer zuerst von den Paten im Haus ist, nach dem artet das Kind.
  • Der Tau ist dem August so not, wie jedermann sei täglich Brot.
  • Wenn ein Tier, Pferd, Rind oder Schwein zum Decken gebracht wird, soll man nicht die Hände in die Taschen stecken; sonst wird es nicht trächtig.
  • Regent’s am Michaelistag, so folgt ein milder Winter nach.[6]
  • Oktoberschnee tut Pflanzen und Tiere weh.
  • Ernte Dank : Des deutschen Volkes.
  • November trocken und klar, bringt wenig Segen fürs nächste Jahr.
  • Ist’s um Weihnachten warm und naß, gibt es leere Speicher und Faß.
  • In der Woche von Weihnachten zum Neujahr darf kein Dung gefahren werden, sonst fährt man das Glück vom Hof.


Fußnoten und Weblinks

  1. Fastelabend - Fastnacht, Karneval
  2. nach Hilgendorf
  3. Johanni, Johannestag – der 24. Juni, er steht im Zusammenhang mit der Sommersonnenwende (zwischen dem 20. 21. und 22. Juni), dem längsten Tag des Jahres. Von nun an werden die Tage wieder kürzer. Der Johanni-Tag gehört wie die Eisheiligen oder die Schafskälte zu den sogenannten "Los-Tagen" im Bauernkalender.
  4. Lichtmess: Der 2. Februar, ab dem 2. Februar hat man das Gefühl, dass es länger hell wird
  5. Jacobi - alte Bezeichnung für den Tag des Heiligen Jakob (Jakobus der Ältere) (25. Juli)
  6. Michaelistag, so wird der 29. September sowohl von den Katholiken als auch von den Protestanten wegen der an diesem Tage in der Christenheit begangenen Gedächtnisfeier der Kirchenweihe des hl. Erzengels Michael genannt. Der Erzengel gilt als Heerführer der Engel.