Die Sprache in Wort und Schrift

Aus Chronik Groß Kreutz
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Worte und die Schrift

Schulheft mit Schreibübung von 1900 in deutscher Kurrentschrift
Hofzeichen von Groß Kreutz: 1-Kossat Kabler, 2-Kossat Kabler, 3-Kossat Schultz, 7-der Herr Prediger, 8-Bauer Schimdt (wohl Schmidt), 9-Kossat Schönefeld, 10-Bauer Laupe, 12-Bauer Rottstock, 13-Bauer Voigt, 16-Kossat Krüger, 5-Bauer Wolter, 6-Bauer Lindow, 18-Bauer Stoof, 4-Kossat Lampe, 10--Kossat Kuckuck und Wolter, 19-Bauer Kühne, 20-Kirche, 21-Das Rittergut, nicht sicher 15-Kossat Thiele und 17-Bauer Krüger

Kurrentschrift[1] Das gesprochen Wort in wiederholbare Aussagen umzuwandeln, ist für die Entwicklung der Menschheit ein Meilenstein gewesen. Die "Erfindung" einer "Schrift" ist bahnbrechend für die Kommunikation von Menschen und Völkern untereinander. Als eine der ältesten Formen von Schrift werden die Keilschrift auf Tontafeln in Mesepotanien angesehen von vor über 3- bis 4000 Jahren v. Chr.; von den einfachen Piktogrammen der Keilschrift bis zu den komplexen Schriftzeichen, den Hieroglyphen, der alten Ägypter entwickelte sich einne Schriftvielfalt von Zeichen, die ein flüssiges Schreiben auf den verschiedensten Materialien erlaubte. Als Ausgangspunkt für unsere heutige Schrift wird die Griechische Schrift angesehen. Aus ihr haben sich die lateinische und die kyrillische Schrift entwickelt, es wird angenommen, dass auch die Runen von ihr hergeleitet wurden. Karl dem Großen wird nachgesagt, dass er ein Förderer einer Einheitsschrift in seinem großen Reich war. Aus seiner Zeit stammen die Karolingischen Minuskeln[2], aus denen sich später die gotische Minuskel entwickelten. Was heißt eigentlich "Minuskel"? So werden die Buchstaben in der Kleinschreibweise bezeichnet, im Gegensatz zu den Majuskeln, den Großbuchstaben. Jedenfals bilden sie noch heute die Grundlage für die moderne Schrift. Bis in das zwanzigste Jahrhundert war die Deutsche (meist nur als deutsche Schrift bezeichnet) das, was die Kinder in der Schule lernen mussten. Das sorgfältige Schreiben, die "Schönschrift" war ein Fach in den ersten Klassen der Grundschule. Ein Beispiel einer Groß Kreutzer Schülerin von 1900. Die Älteren unter uns werden sich vielleicht noch daran erinnern, wie mühselig das Lesen von Briefen oder Karten von den Großeltern war. Die Sütterlinschrift (eine spezielle Form der deutschen Kurrentschrift) war die letzte Ausprägung, bis 1942 die lateinische Schrift angeordnet wurde. In einem Rundschreiben von Himmler vom 1. September 1941 wurde das Lehren von Kurrentschrift im Schulunterricht untersagt, mit der Behauptung, dass sie jüdischen Ursprungs sei.

Vom Pfarrer O. Widdel[3] veröffentlichte 1939 einen Artikel über "Hofzeichen in Groß Kreutz"[4]. Bei Forschungen zur familiengeschichtlichen Quellen- und Sippenkunde[5] im Gemeindearchiv Groß Kreutz wurden Hofzeichen[6] entdeckt. Sie stammen höchstwahrscheinlich aus der Mitte des 19. Jh. und waren die Markierungen von 21 Landbesitzern. Sie konnten zwanzig Eigentümern nachgewiesen werden. Das Interesse hatte, beim frühgeschichtlich interessierten Pfarrer, die Ähnlichtkeit von manchen Marken mit Runen[7] aus germanischen Zeiten geweckt. Es ist mit Sicherheit davon auszugehen, dass keine Runen verwandt wurden, aber es passte so sehr in den Zeitgeist. Für uns ist aber interessant, welche Bauern- und Kossätenfamilien damals verzeichnet waren.

Untrennbar mit der Schrift ist auch die Rechtschreibung verbunden. Seit 1880 weist einem der Duden den Weg durch den "Orthographie-Dschungel" der deutschen Rechtschreibung. Immer wieder sollten Änderungen die nicht einfache, und doch so ausdrucksstarke deutsche Sprache reformieren. Die letzte große Rechtschreibreform wurde von den deutschsprachigen Ländern Deutschland, Österreich, Schweiz und Lichtenstein in einer gemeinsamen Erklärung neu geregelt. Gegner und Befürworter liefern sich seitdem einen erbitterten Streit. Erst 2005 plädierten die Mehrzahl der Ministerpräsidenten der Bundesländer, bei denen die Kulturhoheit liegt, für eine verbindliche Einführung zum 1. August des Jahres. Auch heute noch ist der Duden das Nachschlagewerk zu Grammatik[8] und Orthographie[9] und gibt die im "Rat für deutsche Rechtschreibung" verfassten Regeln wieder.

Sprache, Mundart und Jargon

Die Sprache ist das Verständigungsmittel Nummer Eins! Doch wie hat sie sich im Laufe der Zeit verändert! Sie ist wie ein lebendiger Organismus. Sie kann sachlich feststellen, erzählen und Emotionen vermitteln. In diesem Kapitel sollen einige Beispiele aus den letzten hundert Jahren daran erinnern, was unsere Vorfahren lernen mussten und sprachen, und wie wir heute im 21. Jahrhundert ständig dazu lernen müssen. Noch vor dem I. Weltkrieg wurde in der Schule die Sütterlinschrift gelehrt. Sie hatte große Ähnlichkeit mit der Kurrentschrift, die über Jahrhundert üblich war. Das "Schönschreiben" war ein mit großem Ernst betriebenes Schulfach. Es war besonders wichtig, da einige Buchstaben untereinander sehr viel Ähnlichkeit hatten und zur besseren Lesbarkeit sehr exakt ausgeführt werden mussten. Erst Anfang der Vierziger wurde die Schreibweise mit lateinische Buchstaben eingeführt. Wer also den Brief von Oma oder Opa lesen wollte, musste beide Schreibarten verstehen. Für alle historisch Interessierte ist die Beherrschung der alten Schriften ein Muss, wenn man in den Archiven alte Dokumente lesen will.

Auch der Wortschatz ändert sich ständig. Man denke bloß an die vielen Begriffe, die aus dem Englischen kommen im Zusammenhang mit der Digitalisierung, aus der Welt der Computer. Alte und heute nicht mehr bzw. wenig gebräuchliche Ausdrücke in dieser Chronik werden deshalb im Glossar am Anfang der Chronik erklärt.

Auf eine Veränderung der neueren Zeit soll kurz eingegangen werden. Im Zusammenhang mit der Gleichberechtigungsbestrebungen zwischen Mann und Frau wurde in die Sprachkultur der deutschsprachigen Länder eingegriffen und gefordert, dass in öffentlichen Schreiben beide Formen in der deutschen Sprache ausgeführt werden. Alsbald fühlten sich die Menschen diskriminiert, die aufgrund keiner eindeutigen Zuordnung zu einem Geschlecht, auch berücksichtigt werden wollen. Deshalb findet man z.B. bei Stellenausschreibungen folgende Bezeichnungen: m/w/d für männlich/weiblich/divers. Um den Wortfluss einigermaßen flüssig zu halten, gibt es verschieden Ausführungen für den Ausdruck der weiblichen Form des Begriffs, wie z.B. ":", "*" u.a. . Dieses sogenannte "gendern" führt in Teilen der Gesellschaft zu Unmut. In diesem Zusammenhang sei eine persönliche Bemerkung des Chronisten gestattet. Ab und an wird in dieser Chronik dem Zeitgeist genüge getan, wenn es mal vergessen worden ist, so geschah dies nicht in der Absicht unsere Frauen und Mädchen herabzusetzen. Es erscheint mir aber viel wichtiger auf den Gebieten etwas für die Gleichberechtigung zu tun, auf denen heute noch eine große Diskrepanz besteht, wie "gleicher Lohn, für gleiche Arbeit".

Sprachwissenschaftler befassen sich von Berufs wegen mit der Entwicklung und den Veränderungen unserer deutschen Sprache. So hat der Autor und Journalist Bodo Mrozek ein "Lexikon der bedrohten Wörter" herausgegeben. Es wurde sogar 2007 ein Wettbewerb ausgeschrieben. Eine Jury kürte die schönsten in Vergessenheit zu geratenden Wörter. Hier die ersten zehn prämierte Wörter der Jury: Kleinod, blümerant, Dreikäsehoch, Labsal, bauchpinseln, Augenstern, fernmündlich, Lichtspielhaus, hold, Schlüpfer. Es soll nicht die Aufgabe dieser Chronik sein, den Berufslinguisten Kokurenz zu machen. Aber ist es nicht eine reizvolle Aufgabe, im Kreise von Freunden und Gleichgesinnten ein Spiel mit der Vergangenheit zu spielen. Selbst in der lokalen Umgangssprache gehen Ausdrücke immer wieder verloren. Wer kennt oder geschweige benutzt heute noch das Wort "vermocht", ein Ausdruck hier in unserer Gegend für verdreckt, vergammelt?

Einen gravierenden Einfluss hat die rasante Entwicklung der Technik auf unsere Sprache. Neue Worte im täglichen Sprachgebrauch kommen und gehen. Denn wer kennt heute noch Floppy-disk?

Im Folgenden seien einige Beispiel aus dem Alltag in unserer Region im zwanzigsten Jahrhundert erwähnt, von Dingen und Ausdrücken, von denen sich heute unsere Schulkinder keine Vorstellung mehr machen können. Einige sollen in Wort und teilweise mit Bild in Erinnerung gerufen werden:

Fast vergessene Begriffe:

  • Detektor, Detektorempfänger: Dies waren die ersten Radioempfänger, mit dem man über Kopfhörer Hörfunksendungen empfangen konnten. Das Wort Detektor ist auch heute noch gebräuchlich, jedoch in einem ganz anderen Sinne. Eigentlich bedeutet es Entdecker, entdecken - was wird nicht alles heute erforscht und entdeckt. Also in der Wissenschaft ein gängiger Begriff.
  • Flachskamm: Auch Hechel genannt, ist ein aus spitzen Nägeln versehener Kamm auf einem Holzbock, zum aufspleißen von Flachs, Hanf und ähnlichen Faserpflanzen
  • Grammophon: s. Schallplatte
  • Holzpantinen, kurz "Pantinen" genannt, die Fußbekleidung auf dem Dorfe bei Garten- oder Arbeiten in der Landwirtschaft; daher kommt "Aus den Pantinen kippen"
  • Jauchegrube, Jaucheschöpfer, Jauchefass: Die Abwässer aus dem Haus und vor allem aus Ställen wurden zentral gesammelt. Auf dem Bauernhof war neben dem Misthaufen zumeist eine abgedeckte Grube, in der die Gülle aufgefangen wurde. Die Kleingärtner nahmen die Stickstoff haltige Brühe zum Düngen ihrer Beete. Dafür brauchte man sowohl einen Schöpfer und ein Fass. (s. a. Sickergrube)
  • Kasetten-Recorder: Ein Radiogerät zum Aufnehmen von Sendungen auf ein Magnetband, das in einer Kasette aufgespult war.
  • Kartoffelhacke: Eine Drei- oder vierzinkige Hacke mit krzem Stiel, um die Kartoffel von Hand auszubuddeln
  • Kiepe: Ein auf dem Rücken zu tragen Korb; → Kiepenkerl (großer kräftiger Mann)
  • Kofferradio
  • Molle: Trog aus Holz, wird benutzt beim Schlachten zur Wurstzubereitung, oder beim Backen;
  • Obstmucker: Es ist die scherzhafte Bezeichnung von Kleinerzeugern von Obst. Im Wort "muckern" steckt auch so ein bischen "mikrig, klein" drin, deshalb wird es von einigen Obstbauern als unfreundlich und herabwürdigend aufgenommen. Laut Duden wird so ein "Duckmäuser" bezeichnet. Dies trifft für die "Obstzüchter" in unserem Obstanbaugebiet, in dem wir leben, nicht zu. Eigentlich sind sie ausgesprochen fleißige Menschen, denn ohne viel Handarbeit ist im Obstanbau mit Tafelobst kein großes Geld zu verdienen. Man sagt ihnen auch eine gewisse Knauserigkeit nach - kein Wunder, denn mit den kleinen Beträgen auf dem Markt, war kein großer Reichtum zu erzielen. Eine gewisse Hochkonjunktur hatten die Obst- und Gemüsebauer in DDR-Zeiten, denn von den Sammelstellen wurde Obst und Gemüse zu Preisen aufgekauft, die höher waren, als nachher im Laden. (Ein großartiges Abbild aus diesem Leben ist, an dem Giebel des Heimatmuseums zu sehen).
  • Oktavheft: Ein kleines Heft im A6 Format. Es gibt es heute noch, die Bezeichnung wird selten verwandt
  • Plumsklo: Gerade auf dem Lande war es lange Zeit üblich, dass die Notdurft in einem kleinen Häuschen auf dem Grundstück erledigt wurde. Die Obstbauern hatten oft auf ihren Ländereien auch so ein "Herzhäuschen" oder "Donnerbalken", wie es scherzhaft genannt wurden.
  • Schallplatte: Ein Tonträger aus Schellack, später aus Polyvinylchlorid, zum Abspielen von analogen Tonaufzeichnungen auf einem Grammophon, Schallplattenspieler
  • Schreibmaschine: Eine mechanische Vorrichtung zum manuellen Drucken einzelner Buchstaben auf ein Blatt Papier
  • Schiefertafel und Griffel, hatten nach dem Kriege wieder ihre volle Daseinsberechtigung. Papier war knapp, die Tafel konnte man immer wieder benutzen und das mit dem Griffel darauf Gekritzelte wurde mit einem Schwamm wieder gelöscht.
  • Sickergrube: Eine Sammelgrube der häuslichen Abwässer aus Küche, Bad und Toilette.
  • Sitzbadewanne: Eine Badewanne für weniger Wasser aus Zink oder verzinktem Blech
  • Stiefelknecht: eine einfache Hilfe aus Holz zum Ausziehen von Stiefeln.
  • Wählscheibe, wer von unseren heutigen Kindern kennt noch einen Telefonapparat mit Hörer und einer sich drehenden Scheibe, mit der der Gesprächspartner/in angewählt wurde. Das Telefonieren aus dem Auto war noch Anfang der neunziger Jahre nicht so einfach wie heute. Ein ziemlich schwerer Kasten war im Fahrzeug montiert und konnte nicht so einfach, wie heute ein Smartphon, überall hin mitzunehmen.
  • Waschbrett: Ein breites gerilltes Brett, meistens aus verzinktem Blech, zum Rubbeln der Wäsche
  • Waschzuber: Zinkwanne oder Holzbottich zum Waschen von Wäsche


Übrigens: nicht nur in Vergessenheit geratene Worte werden gesammelt, auch wird jedes Jahr ein "Wort des Jahres" und "Unwort des Jahres" gekürt und neue Wortschöpfungen (Neologismen) erfasst. Hierzu findet man in der "Wortwarte" entsprechende Erkenntnisse.

Es ist noch keine hundert Jahre her, da wurde hier ein Jargon[12] gesprochen, der auch "Erdbeer-Platt" genannt wurde. Einige Beispiele sind erhalten geblieben:

  • Arbeet: Arbeit
  • Erpeln: Kartoffel, wurden aber auch Erdäppel genannt
  • Wische: Wiese
  • Wruken: Kohlrüben (Spötter nennen sie auch "mecklenburger Ananas"
  • anpecken, anjepekt: anheften, festmachen bzw. angeklebt
  • an de Pöhle: an den Pfählen, z.B. Tomaten an die Pfähle "anpecken"
  • röpeln: Kirschen abstreifen (ohne Stiel pflücken)

Noch in den 50zigern wurde hier kräftig berlinert. Ermahnend, leicht vorwurfsvoll und etwas spöttelnd, bekam man den Spruch zu hören: "Icke, dette, kiecke mal, Oogen, Fleesch un Beene - nein mein Kind, so heißt das nicht, Augen, Fleisch und Beine". Der Einfluss des nahen Berlins war unverkennbar. Der sogenannte Berliner Jargon hatte das alte märkische Platt schon lange verdrängt. Einen nicht unerheblichen Einfluss auf die Sprache dürfte auch die Sprache der vielen zugezogenen Flüchtlinge aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten gehabt haben. Wenn man das Dorfgedicht, s. u. Volkshumor, aus dem 19. Jahrhundert laut liest, kann man sich vorstellen, wie damals die Leute sprachen.

Um sich eine Vorstellung zu machen, wie hier früher das märkische Platt gesprochen wurde, sollte man das Vorwort zu einer Erzählung von Fritz Lenning[13] "Dree Wiehnachten" aus dem Jahre 1885 laut lesen. Ausschnitt von "Dree Wiehnachten, Voerwort - Wie rasch doch de Tied vergeit un wie kort doch de Jahre werrn, wenn man an sick sülwenst föhlt, det det Ölder vör de Döhre is. Ick hev’t fröher nich glöwen wollt, det man da’n Unnerschied maken künn un natowisen mag’t ok woll nich sin, äber wahr is’t doch, je ölder wi werrn, je mehr kömmt uns det Geföhl, det wi met’n Steen to verglieken sin, der van’n Berg runder trült werd; hä löpt immer rascher, je näger hä an’t Enne kömmt, de Sprünge werrn immer grötter, best hä toletzt still liggt, ganz still un so is’t met uns ok. Wi springen irst so lustig rin in’t Lewen, as wenn’t Enne gar nich aftoreiken wir, wi hebben so voel totosetten an Gesundheit un Kraft, det wi gar nich begriepen könn’n, wo all de oll’ krützlige Menschen herkamen, de üm uns her lopen; wi denken, so jung un kräftig sin de nich west as wi un so humpelig können wi woll nimmermehr werrn, wie de sin. Äber det ändert sick un wenn det Fröhjahr un der Sommer van unse Lewenstied hinder uns liggt, denn fangen wi an to begriepen, det et uns nich better gahn wird wie all de goge Menschen, de wi vör uns sehn, denn glöwen wi sogar, det de ok woll mal jung west sin un det de Welt immer desülwige blivt. Freilich werd se alle paar Jahr mal wedder met neie Figuren beset’t, äber in öhr Hoffen un Wünschen, in öhr Föhlen un Denken, da bliwen sick de Menschen immer gliek, Feindschaft und Fründschaft, Haß un Leewe wassen öberall un to alle Tieden bunt dörchenänder; det hebben unse Vörfahren kennen lehrt un det wird ok de Geslechter nich erspart bliwen, de na uns kamen. - Äber’n Unnerschied is doch, de Anspruchlosigkeit is van Jahr to Jahr mehr verswunnen un de eenfachen, ländligen Verhältnisse werrn unse Kinder bald blos noch van Hörenseggen kennen. Wenn ick mi vörstelle, wie det fröher was, wat ick as Junge sehn un met erlewt hev un wenn ick de jitzige Tieden dagegen holl! Denn mücht ick behaupten, de Welt wir änders worrn, ganz änders, ob äber better? Det weet ick nich.

Runen in Groß Kreutz

Die Runen, Schrifzzeichen alter germanischer Kulturen. Ein Großteil des heutigen Territoriums Deutschland wurde von germanischen Völkerstämmen besiedelt. Diese Bezeichnung gaben die Römer den Stämmen nördlich der Alpen. Sie waren aber kein einheitliches Volk und verstanden sich auch nicht als solches. Erst Ende des 18. Jahrhunderts wurden gemeinsame Wurzeln der deutschen Sprache immer mehr in der nordischen Sprachfamilie verortet und erforscht. Mit dem im 19. Jahrhundert verstärkt aufkommenden Nationalbewusstsein, bekam der Germanenbegriff eine verbindende Funktion im Gefühl des Volkes. Der Germanenmythos gipfelte dann in der überhöhten völkischen Bewegung des Nationalsozialismus. In dieser Zeit wurde eine Unterlage gefunden, in der Runen von Groß Kreutzer Bauern zur Kennzeichnung von Arbeitsgeräten benutzt wurden. Es ist nicht erwiesen woher und von wem diese stammt. Aus heutiger Sicht ist nicht auszuschließen, dass die Interpretation dieser Aufzeichnungen der damaligen Zeit geschuldet waren. Soviel steht jedenfalls fest, dass sie nicht eine Überlieferung aus prähistorischer Zeit sind. Es ist sehr viel wahrscheinlicher, dass diese "Hofzeichen"[14] gebräuchlich auf dem Lande waren, insbesondere bei den gemeinschaftlich ausgeführten Arbeiten.

Volkshumor

Was verstehen wir eigentlich unter Humor? Ohne hierüber tiefsinnige Betrachtungen anstellen zu wollen, kann man sich vielleicht darauf einigen, dass Humor eine gewisse Geisteshaltung ist. Wie wir miteinander umgehen und wie wir aufeinander reagieren im alltäglichen Leben. So spricht man unter Jugendlichen anders als im Elternhaus, oder in der Arbeitswelt, auch im Sportverein herrscht eine ganz andere Atmosphäre. Spitznamen sind weit verbreitet und spiegeln oft Stärken und Schwächen des Betroffenen wieder. Eine kleine, nicht repräsentative Auswahl von markanten Spitz- und Spottnamen von Groß Kreutzern soll zum Schmunzeln anregen. Es werden nur die Spitznamen genannt, ohne die Klarnamen zu verraten, um so keinen zu verärgern. Der eine oder andere Leser wird wissen, wer sich dahinter verbirgt.

"Ackerfeile", "Butze", "Eule", "Furchendackel", "Krauter", "Milch-Müller", "Mondscheinbauer", "Papi", "Pfanne", "Putenschlunk", "Rehacker", "Räuberschulze", "Sarottimohr" und "Schweinebacke".

Übrigens, es gab und gibt nicht nur Spitznamen zu Personen, auch Dinge des Alltags werden gerne mit Scherzbezeichnungen belegt, wie die folgenden Beispiele zeigen:

Der "Hühnerschreck" - Fahrrad mit Anbaumotor, der "Trabi" oder die "Rennpappe" für den Trabant, der "Nonnenhocker" oder "Christenverfolger"- Kleinroller "Schwalbe" KR50 aus Suhl, die "Taigatrommel"- Dieselgüterzuglokomotive aus der UdSSR, all diese Bezeichnungen stammen aus der DDR-Zeit. Auch in neuerer Zeit tauchen immer wieder humorvolle Bezeichnungen aus dem täglichen Leben auf. So wird z.B. die Verdauungsmüdikeit nach dem Essen gerne als "Fress- oder Suppen-Koma" bezeichnet. Als in der Corona-Pandemie das Tragen von Mund- und Nasenschutz zur Pflicht wurde, verbreitete sich der aus dem Plattdeutschen stammende Begriff "Schnutenpulli" [15].


Heute wird gerne im Karneval so manches auf die "Schippe genommen". Aus der Mitte des 19. Jahrhunderts ist ein Dorfgedicht überliefert, welches den derben Humor der damaligen Zeit aufblitzen lässt. Es wurde aufgeschrieben von dem Dorfschullehrer Friedrich Hilgendorf.

ALTES DORFGEDICHT, um 1850
Der Edelmann ist ein reicher Mann.
Der Schmied, der steckt det Füer an,
Der Köster het en Kirchenschlötel
Kühne et gern ut enen Läpel.
Rehfeld sitt gern uff dem Dach,
Thile sät: "Fall nur nich raff!".
Lipses hebn Luseklatte,
Behrend hebbn en Lenkehacke.
Lampe hat nen schefe Knocke,
Kabler het nen tiefen Schäpel,
Lindow, der ißt gerne Äpel,
Schmidt, der kann jarnicht utmäten.
Vogt ist doch en armer Held,
Rottstock hat doch da mehr Geld.
Stoof, der wohnt am Kirchenpfuhl,
Kuckuck hütt en grotes Muhl,
De Priester mokt de Predigt lang,
Bentel liegt de Banke lang.
Wolter hat ne bunte Kuh
Schoenefelds Arsch geht up und tu.


Jedes Dorf hat irgend wann einmal ein Unikum, einen Mitbewohner der durch sein Verhalten oder Aussehen auffällt. Und wenn über solch einen auch noch ein Gedicht gemacht wird, dann war es wohl ein ganz besonderer Typ, wie der, von dem die folgenden Verse berichten.

Lummert-Gedicht (frei nach einer wahren Geschichte von Karl Heinrich Marschaleck)
DER AST ÜBERM HAUPTGRABEN
"He, Lummert", sprach der Herr Major,
"für Euch liegt neue Arbeit vor:
Im Park dahinten dieser Ast
ist mir seit langem schon zur Last.
Er ist so trocken, abgestorben,
Der ganze Baum wird noch verdorben.
Auch wächst er grade überm Graben,
wo ich ihn niemals möchte haben.
Er muss jetzt weg, ich bitte sehr!
Drum, Lummert, nehmt die Säge her,
steigt auf den Baum, tut Eure Pflicht,
denn diesen Ast, den mag ich nicht."
"Ja, Gnäd'ger Herr, ich tu's bestimmt,"
sagt Lummert, der gern einen nimmt
und dieserhalb zum Gasthof eilt,
wo er geraume Zeit verweilt.
"Na August," sagt der Gastwirt Schmidt,
"Was bringst Du uns denn Schönes mit?"
"Der Gnäd'ge Herr hat mir befohlen,
ich soll jetzt meine Säge holen,
damit ich einen Ast absäge,
der ihm schon lange ist im Wege.
Schenk mir mal gleich 'nen Bittern ein
und dann noch einen hinterdrein.
Den dritten noch - ich brauche Mut -
der Ast ist hoch - wie tut das gut!
Nun noch zum Abschied Nummer vier -
ich hole jetzt die Säge mir.
Und nun Adieu, mein Lieber Hans!
Der Ast ist hoch - ich glaub', ich kann's!"
Und Lummert läuft beschwingt und heiter,
die Säge holt er und die Leiter.
Er klettert auf den großen Baum
fix und geschwind, man glaubt es kaum.
Er sieht das Wasser nicht im Graben -
den Ast, den muss ich runter haben.
"Ich setz mich drauf, er ist noch fest -
sodass sich schön hantieren lässt."
Dann sägt er froh und wohlgemut
den Ast, auf dem er sitzen tut.
Bedrohlich ob der großen Last
schwankt, knackt und bricht der alte Ast
und fällt samt Lummert in das Wasser.
Der wird da unten nass und nasser.
Bedeckt von Schlamm und Entengrütze
(Es triefen Schürze, Hose, Mütze)
so steigt er aus dem Element,
dass man ihn kaum noch wiederkennt.
Schon hört man kommen in der Fern'
die Kinder und den Gnäd'gen Herrn.
"Ach Bernhard, Jebard, Herr Major,
das kommt mich niemals wieder vor.
Ich sterbe bald, mit mich ist's aus!
Ich geh' bei Muttern jetzt zu Haus!"
Die Herrschaft kriegte fast das Lachen,
wie Lummert mit den nassen Sachen
stand ganz bedrippt am Gartenwege
(verloren war auch seine Säge).
Schnell fasste sich der Herr Major
und hielt ihm diese Rede vor:
"Wenn ich erteile Euch Befehle,
dann tut Ihr das mit trockner Kehle,
begebt Euch nicht zu Gastwirt Schmidt
und nehmt da ein paar Bittre mit.
Das tut nicht gut, das lasst nur sein.
Zur Arbeit muss man nüchtern sein!"


Alte plattdeutsche Sprichwörter aus unserer Gegend, manche werden heute noch gebraucht:[16]

  • De Ku melkt dörch’n Hals
  • Du siehst’n Wald vor Böme nich
  • Eerst de Piep in Brand, un dän de Pärd ut’n Groa
  • Ruh un Rast is d’ halwe Mast
  • Gut gekaut, halw verdaut
  • Wer nich will, der hät schon
  • Du bis’ so stark wie ‚n groot‘n Mann sie’n Hoasenknop
  • Wenn de Hoahn kräht upp’n Mist, ändert sich dat Wäder oder et bliwt wie’t is
  • Wer bi den Napp is’ Russelfink, der ducht ok keene Arbeit flink
  • Kolt wie ‚ne Hundeschnute

Weblinks

Fußnoten

  1. Kurrentschrift - kommt von dem Lateinischen "currere", laufen; eine laufende Aneinanderfügung von Buchstaben.
  2. Als Minuskeln werden Kleinbuchstaben bezeichnet, im Gegensatz zu den Majuskeln, den Großbuchstaben
  3. Otto Widdel seit 1933 aktives NSDAP-Mitglied mit ausgeprägter nationalistischer und rassistischer Haltung aus Rädel
  4. erschienen in der Beilage "Zauche- und Fläming-Heimat" Nr. 13, Treuenbrietzen der nationalsozialistischen Zeitung "Der Streiter", 14. Juli 1939
  5. wahrscheinlich zum sogenannte "Arier-Nachweis"; er war im "Dritten Reich" von Bedeutung
  6. auch Hausmarken genannt, sind Erkennungszeichen von Bauernhöfen, die auf Gerätschaften angebracht wurden, um Eigentumsrechte zu beweisen
  7. Runen sind die alten Schriftzeichen der Germanen
  8. Grammatik - die Sprachlehre
  9. Orthographie - die Rechtschreibung
  10. Quelle: https://www.ebay.de/itm/183198849389?hash=item2aa780996d%3Ag%3AAFwAAOSwA7Naloh-&mkevt=1&mkcid=1&mkrid=707-53477-19255-0&campid=5338915030&customid=web_b_srps_10250_r2_none_null_0_null_off&toolid=10049
  11. https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Seille.jpg
  12. Jargon kommt aus dem Französischen, heißt soviel wie Kauderwelsch, eine nicht für jeden verständliche Sprache
  13. Fritz Lenning, eigentlich Friedrich Schmidt (1827-1888) aus einem Dorf im Havelland
  14. Hofzeichen waren geometrische Zeichen zur Kennzeichnung im weiteren Sinne von Eigentum, also für Gerätschaften, Werkzeuge usw.
  15. "Schnutenpulli" war das plattdeutsche Wort des Jahres 2020
  16. [Heimatkalender Kreis Zauch-Belzig, 1941]