Erinnerungen an und von Zeitzeugen

Aus Chronik Groß Kreutz
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Wenn Zeitzeugen aus ihrem Leben berichten, von einschneidenden Veränderungen erzählen, von Umbrüchen und den Neuanfängen, so können wir Spätgeborenen ein lebendiges Bild aus diesen Epochen gewinnen. Als Quellen stehen Berichte und Texte von Mitbürgern dieser Zeit zur Verfügung. Als ertes sei auf den Schulbericht aus dem Jahre 1810 von Prediger Carl Friedrich Müller verwiesen. Er wird in voller Länge im Kapitel "Schulgeschichte" vorgestellt.


Postillion Habermann[1] Die vierziger Jahre des 19. Jahrhunderts waren u.a. geprägt von großen technischen Veränderungen, die entscheidenden Einfluss auf die soziale Lage weiter Teil der arbeitenden Bevölkerung hatten. Prekäre Lebensverhältnisse führten zu politischen Unruhen, die 1848 in einer Revolution endeten. Im Jahr 1846 wurde die Bahnverbindung von Berlin nach Magdeburg in Betrieb genommen, und während der Revolution in deutschen Landen, tagte vom 8. November bis zu ihrer Auflösung am 5. Dezember 1848, die vom König aus Berlin vertriebene Preußische Nationalversammlung in Brandenburg an der Havel. Vom Leben aus diesen turbulenten Zeiten berichten die folgenden Zeilen. - "Durch seine u. sr. (seiner) Ehefrau Sparsamkeit gelang es ihm, daß er sich 1 eigenes Haus hier erbauen konnte, woselbst er seinen ruhigen Sitz haben konnte, als, - der Eisenbahn weg(en) die Zahl der Postillone hier verringert wurde u,. er seinen Abschied, nach langjähriger Dienstzeit, mit Pension erhielt. Eine Zeit lang diente er noch im Postwesen als nächtlicher Fußbote v.hier nach Potsdam. Als aber auch dieser Erwerb aufhörte, sucht er sich als Arbeitsmann, theils an unserer Eisenbahn, theils sonst, sein Brot zu verdienen. Seine letzte Arbeit war noch , daß er den neuen (galvanisch-) electro-magnetischen Telegraphen zwischen Potsd. u. Brandenb. in die Erde auf der Eisenbahn legen half, der bis 27 Nov. d. J. wo die National-Versammlung in Brandenb. zusammenkam, fertig sein mußte."


Lummert - In der kleinen Erzählung von Bodo von der Marwitz berichtet er aus dem Leben seines langjährigen treuen Dieners und Gärtners aus Groß Kreutz. In diesem kurzen Auszug wird in einer Episode über die Einweihung der "Marwitz-Siedlung" (heute Lehniner Siedlung) berichtet. In einer Zeit der Meinungsdiktatur die richtigen Worte zu finden, ist oft eine Gradwanderung, bei der man den Machthabern nicht auf die Füße treten will, aber dennoch gehörige Distanz waren möchte. Hier ein Beispiel aus den dreißiger Jahren:

„Die Behörden und Parteidienststellen hatten Wind bekommen von dem Unternehmen und mochten diese Anlage gern darstellen als ein Stück der Erfolge nationalsozialistischer Initiative, und so sagten sich ungebetene Zahlreiche Würdenträger, darunter gar mit goldbestickten braunen Uniformen zum Richtfest an. Auf ihre Anfrage war ihnen ein Treffen um 2 Uhr mittags im „Herrenhaus“ genannt. … Wir fuhren in großer Kolonne ganz dicker Wagen, mit imponierenden Standarten versehen, durchs Dorf zum Bauplatz – ich mit dem Öbersten an der tête. Dortselbst, an der Einfahrt zur neuen Siedlung, sollte in das Fundament für einen riesigen Findling die Bauurkunde eingemauert werden, die aber vorsorglich in schonverschlossener Bleikapsel bereit lag, denn es schien mir nicht geraten, diesem Auditorium den Text der Urkunde vorzuzeigen. Sie ermangelte jeder sonst üblichen Huldigungen des „Führers“, erklärte den gedachten Zweck der Errichtung der Siedlung und führte alle am Bau beteiligten Männer namentlich auf. Auf dem Dachstuhl des ersten Hauses stand schon der Polier Paul der Firma Meissgeier aus Brück, der schon alle meine sonstigen vielen Bautengerichtet hatte. Und er begann seinen Spruch mit den üblichen Gruß an „unseren geliebten Führer“, dem wir auch an dieser Stelle den Dank dafür abstatten müßten, dass er uns Arbeit und Brot gegeben habe, um danach aber fortzufahren: „Was aber hätte unser Führer gemacht, wenn Herr von der Marwitz uns nicht gerufen und den Auftrag zu diesem Bau erteilt hätte ---!“ Mir wurde langsam schwül! Ich mußte erwidern! Mir schien die Situation geeignet, ganz frech nun unter Anwendung der Vokabeln von „Blut und Boden“ und „Verbundenheit mit der Scholle“ zu erklären, daß dies Bauvorhaben eine Bestätigung sein sollte und Zeichen auch meiner Verbundenheit mit der Heimat, und darum die Bitte wagte um die Erlaubnis der versammelten „hohen Hoheitsträger“, diese Siedlung auf den Namen „Die Marwitz Kolonie“ taufen zu dürfen, indem ich mich ihnen in fragender Geste zuwandte. Die Überrumpelung gelang, sie nickten zustimmend, und ich war vorbeigekommen an den mir zuvor angetragenen Vorschlag, die Namen „Hitler“ oder „Robert Ley“ zu verwenden. Und ich erklärte weiter, dass auf dem Stein unter die Worte „Die Marwitz Kolonie“ noch gesetzt werden sollte: „Der Kinderreiche den Kinderreichen“, da diese sieben Häuser mit den Namen meiner sieben Kinder in erster Linie den kinderreichen Familien zugewiesen werden sollten.“


Pfarrer Petzel[2] - "Das Kinderheim war uns auch viel zu viel wert, als dass wir es anderen überlassen hätten. Es gab eine Zeit, wo die Existenz des Evangelischen Kindergartens und der Evangelischen Schwesternstation aufs Äußerste bedroht war. Es war das die Zeit des Machtstaates Adolf Hitlers. Am liebsten hätte er alle kirchlichen Einrichtungen und die Kirche selbst übergeschluckt. Man konnte mit Luther sagen: „Der alt böse Feind mit, Ernst er`s jetzt meint, groß Macht und viel List sein grausam Rüstung ist. “ Wir haben auch etwas davon erfahren. Einmal kam schon der Befehl: „Der Kindergarten ist der N.V.U.* zu übergeben.“ Er wurde sehr bald wieder zurückgezogen. Gern hätte man die Evangelische Frauenhilfe auf gelöst, aber das ging nicht. Sie war kein Verein und Mitgliederlisten führten sie nicht. Dann suchte man die Bezirksfrauen einzuschüchtern, sie sollten nicht mehr für die Schwesternstation sammeln, das sei verboten. Sie ließen sich aber nie irre machen. Sie sagten bei den Behörden deutlich ihre Meinung und sammelten unentwegt weiter. Da suchte man mir wegen verbotenen Sammelns einen Prozess aufzuhängen. Ich war nicht wenig erstaunt, als eines Tages, - ich war schon in Lehnin - die bewaffnete Macht in Gestalt eines Landjägers, gestiefelt und gespornt, im Namen des Staatsanwaltes bei mir eintrat, um mich zu vernehmen. Die Gerichte erstickten damals in einer Hochflut solch seltsamer Prozesse, die schließlich durch Amnestie aus der Welt geschafft wurden. Man versuchte es auch durch Konkurrenz unsere kirchlichen Einrichtungen lahm zu legen. Eine braune Gemeindeschwester wurde angestellt, ein brauner Kindergarten wurde eröffnet. Unsere lieben Schwestern konnten nichts anderes tun, als schlicht und still und opferbereit ihr Werk weiter zu treiben. Das hat ihnen dann auch zum Siege verholfen."

* gemeint ist wohl die "Nationalsozialistische Wohlfahrtsorganisation", die die Arbeiterwohlfahrt (verboten bei den Nazis), das Deutsche Rote Kreuz, die evangelische Diakonie und die katholische Caritas ersetzen sollte oder zumindest zurückdrängen sollte. (Anmerkung des Chronisten)


Kreigswinter im I. Weltkrieg Bodo v.d. Marwitz: "Mit Eva und Heidi verbringe ich meine letzten Urlaubstage in Großkreutz. Sie sind erfüllt mit Planen in die Zukunft. Vordringlich erscheinen und die sozialen Aufgaben. Es sollen zunächst jetzt die im Felde stehenden Gutsarbeiter Weihnachtspäckchen erhalten und wir tun darin Fotos ihrer zurückgelassenen Familien und auch Aufnahmen ihrer Häuslichkeit. - Mit Herrn Marschalleck wird vereinbart, die Arbeiter auf eine Zeitung zu abonniere, um damit den unguten Einflüssender Linksblätter zu begegnen. - Uns trieb viel Idealismus mit ehrlichen Absichtenfür eine Erfüllung unserer vordringlich bewußten Pflichten, wie sie uns von dern Vordern überliefert waren. - Mit Pfarrer Petzel konnte ich die Erweiterung des Gemeindefriedhofs an den Scheunen einleiten gegen Überlassung unseres Erbbegräbnisses am Kirchgiebel zu Eigentum. So ist es auch später in juristischer Form in Kraft gesetzt worden. ..."[3]

Kriegsgefangene in Groß Kreutz: Zu diesem Kapitel der deutschen Vergangenheit wollten sich Alteingesessene nicht gern äußern. Bruchstückhaft ist überliefert, dass auf dem Rittergut u.a. polnische Zwangsarbeiter arbeiten mussten. Das Verhältnis zwischen Aufsichtspersonal und den Gefangenen war wohl sehr schlimm. Jedenfalls führte es nach der Niederlage Hitler-Deutschlands zu Gewaltszenen. Eine Folge davon war die Erschießungs des Oberinspektors Kiok, da sie den hauptbeschuldigten Aufseher nicht erwischen konnten, weil er sich rechtzeitig verdünnisiert hatte. Die Kriegsgefangenen wurden zu den verschiedensten Arbeiten herangezogen. So wurde berichtet, dass sie im Wald östlich der Lehniner Straße Baracken bauen sollten. Über den Verwendungszweck gehen die Erzählungen auseinander. Sie wurden nie fertig gestellt. Die Einen erzählten von einem Lazarett, die Anderen von der Lagerung von geheimen Unterlagen der Luftwaffe. (Dies alles stammte aus der Gerüchteküche der damaligen Zeit). Die Gefangenen wurden nachts in einer der Bergscheunen eingesperrt. Die Wachleute wohnten in den drei "Behelfsheimen" am Rotdornweg, heute paralell zur "Neuen Chaussee", dem ursprünglichen Verlauf des Gleiskörpers der Lehniner Kleinbahn, und eine im östlichen Teil des Lehiner Waldes gelegen.[4]


Erinnerungen einer Junglehrerin[5]

"Wir Studenten hatten zwar einen Mentor zur Seite, aber es fehlte ja doch die Festigung, die dieser Beruf erfordert. Wöchentlich oder 14-tägig, ich weiß es nicht mehr genau, kamen wir Studenten des Kreises zusammen, und wir erhielten theoretischen Unterricht. Ich erinnere mich, dass mein Gehalt sich anfänglich monatlich auf 265,- DM belief, später waren es über 300,- DM. Nach den aufgestellten Stundenplänen der Schüler musste ich sogar 4 Wochenstunden mehr unterrichten, als ich als Studentin gebraucht hätte. Das wurde finanziell nicht vergütet. Die Zeiten waren damals halt so. Was die Klassenstärke betraf, hatte ich in meiner 4. Klasse mehr als 40 Schüler. Bedingt durch die Kriegsumstände und die Flucht 1945 aus den Ostgebieten Deutschlands, hatten viele Kinder Unterrichtsausfälle, so dass sie nach 1945 in niedere Klassen eingestuft wurden. Dadurch kam es, dass, bedingt durch diesen Umstand und durch Sitzenbleiben, überalterte Schüler in der Klasse waren. Hinzu kam, dass das Mobiliar in den Klassenräumen alt war und knarrende und quietschende Geräusche von sich gab. All diese Umständen wirkten sich negativ auf die Disziplin im Unterricht aus, was einer jungen Praktikantin nicht gerade hilfreich war."


Tante Ruth[6] -

Als ich im Sommer 1945 als zehnjähriges Flüchtlingskind zum ersten Mal den Kindergarten besuchte, hätte ich nicht geglaubt, ihn genau 50 Jahre später als Leiterin zu verlassen. Gern denke ich an meine Kindergartenzeit unter der Leitung von Schwester Hildegard Schmerbitz zurück. Sie holte mich im September 1949 nach Beendigung meiner Schulzeit als Praktikantin in den Kindergarten. Es war oft eine beschwerliche Arbeit. Das Wasser wurde von der Hofpumpe geholt. Im Winter war sie oft eingefroren. Die Toiletten waren ebenfalls auf dem Hof. Sicher werden sich noch einige ehemalige Kindergartenkinder der damaligen Zeit daran erinnern. Als Spielmaterial gab es viel Selbstgebasteltes. Lackierte Kirschkerne dienten als Legesteinchen. Im Herbst ging es in den Wald um Kienäpfel für den Ofen und Eicheln für den Förster zu sammeln. Für volle Eimerchen gab es eine Belohnung. In einem Raum stand ein Späneofen. Der musste täglich zweimal gestopft werden. Er diente gleichzeitig als Herd, um das mitgebrachte Essen der Kinder zu erwärmen. Gekocht wurde zu dieser Zeit nicht für alle.


Jungsein in Brandenburg - Unterwegs zum Ort der Träume[7]

Es war eine bitterkalte Nacht im Februar 45, die mir den ersten Kontakt mit der Mark Brandenburg brachte. Wir waren auf der Flucht vor der herannahenden Ostfront von Landsberg an der Warthe in Richtung Werder an der Havel, wo meine Großeltern wohnten. Aus diesen Tagen sind mir noch deutlich eine Reihe von Geschehnissen in Erinnerung: nächtlicher Fliegeralarm mit Umsetzen in den Luftschutzbunker, zeitweise nur „Schlusen-Suppe“ (gekochte Kleie) zum Essen, Einmarsch der mit Flieder winkenden Russen auf ihren Panzern, Fastverhaftung meines Vaters, der sich nur durch Französisch-Sprechen aus der Affäre ziehen konnte, fröhlicher Kontakt der russischen Soldaten mit uns Kindern udglm. Noch im gleichen Jahr bekam mein Vater eine Anstellung als Leiter des ehemaligen Ritter-Gutes Groß-Kreutz, eines Versuchsbetriebes der Veterinär-Medizinischen Fakultät der Humboldt-Universität Berlin. Folglich zogen wir in dieses Dorf, das bis 1960 mein Lebensmittelpunkt blieb.

Da das Schloß incl. Gutshaus von Russen belegt war, wohnten wir zunächst in einem der 7 Siedlungshäuser, die durch die Grafen-Familie von der Marwitz nach der Anzahl ihrer Kinder gebaut worden waren. Den Dachboden bauten meine Eltern zur Hälfte aus, sodass unsere 6-köpfige Familie halbwegs vernünftig unterkam. In einem von einer Diakonisse überragend und liebevoll geführten Kindergarten verbrachten wir Kinder sehr schöne und erlebnisreiche Tage. Bemerkenswerterweise besuchten viele Kinder diesen auch nach der Einschulung noch längere Zeit.

Meine Einschulung 1946 lag in einer Übergangsphase, die dadurch gekennzeichnet war, dass wir anfangs noch die deutsche Schrift lernten und andererseits beim täglichen Vorzeigen der Hände im Falle von Unsauberkeit noch Schläge auf diese bekamen. In voller Erinnerung ist mir aus dieser Zeit bis zum heutigen Tag das Pfeifen der Kleinbahn nach Lehnin, bevor diese den unbeschrankten Übergang über die Hauptstrasse nach Brandenburg passierte. Das war – egal bei welcher Gelegenheit – für uns Kinder das Signal, spontan aufzuspringen und mit Stöcken udgl. bewaffnet zum Löschen der generell entstandenen Brände an der Bahntrasse auszurücken.

Die durch echte Nachkriegsärmlichkeit geprägten Schuljahre wurden von den Kindergemütern gar nicht als solche empfunden. Als ohne sonderliche materielle Hilfsmittel zu realisierende Kinderspiele erfreuten wir uns an Murmeln, Seilspringen, Hopse, Kreiseln, Völkerball, Verstecken, Geländespielen – alles heute nicht mehr vorstellbar. Bald gab es auch die ersten geeigneten Bälle, um ordentlich Fußball spielen zu können. Zum normalen Tagesablauf gehörte der Umgang mit einer Vielzahl von Tieren. Man hatte auf dem Lande üblicherweise selbst zumindest Kleintiere – Kaninchen, Hühner, Enten, Gänse, evtl. Ziegen. Die mussten natürlich täglich versorgt werden, woraus sich für uns Kinder eine umfangreiche Aufgabenkette ergab. Direkt zur Familie gehörten Hunde und Katzen (in der Spitze hatten wir mal 11 Katzen). Um mal den Stellenwert zu kennzeichnen: das Privileg, beim pflichtgemäßen Mittagsschlaf eine bestimmte Lieblingskatze mit im Bett haben zu dürfen, hatte ich mir einmal im Tausch gegen meine Briefmarkensammlung erkauft. Die sich jahreszeitlich mit der Natur ändernden Möglichkeiten der weitläufigen dörflichen Umgebung sind mir noch heute als wunderbare Bereicherung des Kinderlebens in Erinnerung. Hier blendet mein Gehirn z.B. Bilder vom Skilaufen in der „Groß-Kreutzer Schweiz“ ein. Das Gelände hinter der Bahn gestaltete sich hüglig und hatte mittendrin einen Talkessel. Hieraus ergaben sich natürlich die verschiedensten Winterbahnen zum Rodeln bzw. Skiabfahrtslauf; die gefährlichste war die sog. Todesbahn. Die damaligen Winter beinhalteten durchgängig zugefrorene Wasserstellen. Das tägliche Schlittschuhlaufen auf dem Dorfpfuhl vereinte fast die gesamte Dorfjugend, wenn wir nicht gerade auf den sogar bis zur Havel reichenden Entwässerungsgräben unterwegs waren oder mit selbst gebastelten Schlägern Hockey spielten. Im Sommer mussten wir Groß-Kreutzer zum baden generell eine Fahrradtour vornehmen (ausgenommen das Baden im abwassergetränkten Dorfteich, was aber nie zu gesundheitlichen Schäden geführt hatte), da nur in der Umgebung Gelegenheiten bestanden. Hierzu gehörten in erster Instanz der Lehniner Klostersee, weiterhin verbotenerweise ein Autobahnsee[8]. Wie stolz war man, wenn man endlich den Fahrtenschwimmer-Nachweis geschafft hatte. Nicht vergessen darf ich den Hinweis auf das fast fanatische Fußball spielen, was uns Jungs häufig alle Termine vergessen ließ. Überall ließen sich Torpfostenmarkierungen aufbauen, um z.B. Köppen mit Nachschuss oder ein größeres Mannschaftsspiel durchzuführen. Seitenweise könnte man hier berichten. Die Schule bestand nicht nur aus dem Unterricht; dazu kamen so genannte Zirkel in der Freizeit, wie Literatur, Sport, Englisch, Flötenunterricht, Chor. Diese Aktivitäten lebten wahrhaftig von einem dankenswerten freiwilligen Engagement verschiedener Lehrer.

Als Besonderheit im Vergleich zur heutigen Zeit des Überflusses ist herauszustellen, mit welcher Freude und Dankbarkeit man auch Kleinigkeiten und so genannte Normalitäten aufgenommen hat, die die 50er Jahre peu à peu brachten. So z.B. das erste Speiseeis. Der Lock-Ruf des klingelnden Eis-Verkäufers „wer einmal leckt, der weiß, wie´s schmeckt, der leckt die ganze Ware weg“ trieb uns in Sekunden aus dem Haus. Weiterhin will ich hier nennen: Fahrräder mit Reifen – so lernte man das Flicken von der Pike auf; Nickies – natürlich bekam jeder seine Lieblingsfarbe; Schlittschuhe – oh, wie oft machten die Hackenabreißer[9] Probleme; Felsenmakronen - für mich ein lukullischer Höhepunkt; rote Brause – würde man heute als Schlabberwasser abtun; elektrische Eisenbahn – Wahnsinn !

Allmählich bestimmten auch verschiedene regelmäßige Ereignisse das dörfliche Leben, für uns Kinder doch beeindruckend. Da gab es das Kino, sonntags Fußball unserer Dorfmannschaft BSG Traktor Groß-Kreutz, Dorffest am 1. Mai und das Erntefest, die spektakulären Feuerwehrübungen, die Ferienspiele oder später die Ausflüge zur Friedensfahrtstrecke. - Ich bzw. meine Familie hatte das Riesenglück, durch die Position meines Vaters ab Ende der 40er Jahre im Gutshaus (= rechter Schlossflügel) direkt auf dem Gutshof und am Schlosspark wohnen zu können. Alles war geprägt von Größe und Weite, in- sowie aushäusig. Kein Baum, kein Dach, kein Melkschuppen, kein Stall, kein Scheunenbalken über der Tenne (hochgefährlich) war vor uns Kindern sicher. Noch heute bestätigen wir uns bei Familientreffen, dass wir die Kindheit als paradiesisch empfunden haben. Auf Grund des – aus heutiger Sicht betrachteten – vorhandenen Mangels wurde aus jeder sich bietenden Möglichkeit etwas gemacht. Besonders die Mütter dieser Zeit warteten mit Ideenreichtum auf. Da wurden interessant klingende Namen für an sich kärgliches Essen erfunden; zu den Geburtstagen erfreuten uns selbst erdachte, einfache aber tolle Spiele; Selbstgebasteltes zu Weihnachten war in dieser Zeit eine Selbstverständlichkeit; zu Ostern reichten statt vieler Süßigkeiten mitunter zum Suchen nur Moosnester; die Wochenenden wurden zu etwas Besonderem stilisiert allein durch das Tragendürfen weißer Strümpfe. Viele Beispiele mehr könnte man aufzählen.

Eine Besonderheit der damaligen Zeit waren auf Grund der Berlinnähe Besuche in Westberlin. Alle unsere Verwandten lebten im Westen; und so traf der scherzhaft gemeinte Slogan „DDR = der doofe Rest“ auf uns zu. Durch kleine Arbeiten wie z.B. Teppichklopfen oder durch natürlich unerlaubtes Herüberbringen von Lebensmitteln (Wurst aus eigner Schlachtung, Eier, Brathähnchen z.B.) verdienten wir uns die nötigen Westpfennige, um einige begehrte Dinge zu erwerben – so etwas Tolles wie Sahnebonbons, Kaugummi oder als Höhepunkt gar eine Zündplätzchenpistole. Unerlässlich war jeweils der Besuch eines Kinos. In der Ladenstrasse des U-Bahnhofs Onkel Toms Hütte, wo es immer nach Kaffee roch, konnte ich als erstes unvergessenes Westkino-Ereignis den Film „Tarzans Rache“ mit Jonny Weismüller erleben.

Ab Mitte der 50er Jahre ging´s für mich an die Oberschule nach Werder a.d. Havel. Hier wohnte ich im 1. Oberschuljahr, also 9. Klasse, direkt neben dem Schulgebäude bei meinen Großeltern, um meiner Oma bei der Pflege des recht kranken Großvaters (85) zu helfen. Hier hatte ich Zeit und Gelegenheit, die umfangreich vorhandene deutsche Klassiker-Literatur zu konsumieren. Das sommerliche Baden im Plessower See gehörte nun zur Normalität ebenso wie das Schlittschuhlaufen auf der zugefrorenen Havel im Winter. Erwähnung verdienen natürlich auch die jährlich stattfindenden Baumblütenfeste in dieser Stadt, die ich mehr als Beobachter des fröhlich trunkenen Publikums absolvierte.

Dankbar sehe ich auf die gute Lehrtätigkeit an dieser Schule, von der ich mein Leben lang profitiert habe. Wir waren 5 Groß-Kreutzer, also Fahrschüler. Das bedeutete im Winter eine Fahrt mit dem Zug, die wir mit Skatspielen oder dem Pauken von Lateinvokabeln überstanden; in der Sommerzeit wurden die 15 km mit dem Fahrrad überwunden, morgens in Windeseile, nachmittags sehr gemächlich zurück. Als gravierende, nicht unterrichtsgebundene Ereignisse aus dieser Zeit verdient Verschiedenes Erwähnung. So z.B. der Tanzunterricht – wie aufregend war das, mit einem Mädchen im Arm diese Übungen auszuführen. Das häufige Volleyball spielen war eine Besonderheit unserer Schule und lehrte uns Teamgeist. Ernteeinsätze waren zwar etwas ganz Normales, aber sie boten Gelegenheit zu allerhand „Schäkereien“. Die GST-Ausbildung – das war etwas sehr Nützliches für die technische Seite des Lebens. Gemeinsamen Ferienfahrten in die nähere Umgebung oder irgendwohin in die Republik sind mir in sehr schöner Erinnerung. Und natürlich die aufregenden Schulfeste, von Auszeichnungen, Musik und Tanz geprägt. Alle diese Dinge waren irgendwie verknüpft mit dem anfangs recht schüchternen und zunehmend mutiger werdenden Kontakt zu dem weiblichen Schülerteil. Klar könnte man hier einzelne Kurzromane aufnotieren. Eine Shortstory sei erzählt: Nach dem Abi feierten wir bei einer Klassenkameradin in Damsdorf deren Geburtstag. Sie hatte dazu auch ihre ortsansässige Freundin eingeladen, die den Spitznamen „Püppi“ trug. Und das war absolut passend, ein süßes Mädchen würde man bei dieser Altersstufe sagen. Ich hatte mich (andere wohl auch) sofort verguckt. Aber die Schüchternheit siegte an diesem Abend. Am folgenden Wochenende trieb es mich geradezu dorthin, gemäß dem Goethe-Gedicht Willkommen und Abschied: „Es schlug mein Herz, geschwind zu Pferde…“. Der Plan ging auf; ein Reiter im Dorf fiel offenbar doch auf, und plötzlich begegnete ich 2 spazierenden Mädchen – sie dabei. - Freude, vorgespielte Überraschung zunächst mal. Eins gab dann das andere: Verabredungen, Wiedersehen durch aufwändige Fahrten mit dem Fahrrad dorthin, Spaziergänge in der entlegeneren Umgebung – all das führte schließlich zum herbeigesehnten ersten Kuss. Wir verbrachten einen schönen Sommer, bis ich im September diese Region verlassen musste. - Ich ging nach Petkus, um dort eine 2-jährige Lehre im VEG Saatzucht zu absolvieren. Zu den Gründen etwas weiter unten. Es war eine schöne Zeit, neben der Ausbildung angefüllt mit vielen kulturellen Aktivitäten. So begann ich hier meine musikalische Karriere in einer sogleich gegründeten Kapelle – „Trio VERONA“ mit Akkordeon, Gitarre und Schlagzeug. Durch sehr fleißiges Kartoffelsammeln konnte ich mir schon im Herbst (1959) das Geld für eine eigene Gitarre zusammensparen. Als Besonderheit aus dieser Zeit muss ich hervorheben, dass an jedem Wochenende die Möglichkeit gegeben war, mit einem Lehrlingspferd (meinem Pferd Luchs) auszureiten. Auch gab es interessante bzw. Spaß bereitende regionale Gepflogenheiten, z.B. das Zempern. Zu diesem Anlass während der Faschingszeit verkleidete man sich irgendwie und zog mit einem Tross – Kapelle vorneweg – durch das Dorf. Man durfte in fast jedes Haus und sich dort irgendwo mit laben. Befreien konnten sich die Eigentümer nur durch Spenden von etwas Verzehrbarem, das in einem mitgeführten Wäschekorb gesammelt wurde. Am Abend war dann ein Tanzvergnügen, an dem das Gezemperte konsumiert wurde. Interessanter für mich waren die Reiterfestspiele. Hier mussten von den teilnehmenden Reitern auf einem Parcours Aufgaben gelöst werden: Winkerschlagen, Kranzstechen, Hindernisse überwinden. Je nachdem, welchen Platz man erreicht hatte, wurde einem aus dem Kreis von „Dorfschönheiten“ eine solche zugewiesen, die vorher per Los Nummern erhalten hatten. Diese Zuweisung galt für den abends stattfindenden Ball. Im 2. Jahr habe ich geschummelt, da meine „Angebetete“ die Nummer 4, ich dagegen den Platz 3 erreicht hatte. - Schließlich noch zu einem anderen Sektor, der natürlich auch zumindest kurze Beleuchtung verdient. Im Gegensatz zur Grundschulzeit wurde es in der Oberschule auf politischem Gebiet haariger, wenn man nicht unbedingt voll an das System angepasst war. Bei mir persönlich hatte das Auswirkungen auf den weiteren Bildungsweg, wurde mir doch durch eine entsprechende Abschlussbeurteilung bzgl. der politischen Reife der direkte Zugang zum Studium vermauert. So musste ich also erst die erwähnte Lehre absolvieren, ehe ich zum Studium zugelassen wurde; dies, um mich „politisch zu bewähren“, wie es hieß. In der Groß-Kreutzer Zeit dagegen nahmen fast alle Mitschüler ohne Probleme am Religionsunterricht teil und wurden konfirmiert. Schulisch eingebundene Aktivitäten hinderten nicht daran, auch aktives Mitglied in der Jungen Gemeinde zu sein. Etwas später gab es beides, Konfirmation und Jugendweihe nebeneinander. -

Ab und zu besuchen wir Geschwister in der heutigen Zeit noch den Ort und unsere Wohngegend. Leider können wir nur den zunehmenden Verfall des einst stolzen Gutsbetriebes, also unseres engeren Kindheits- und Jugendterrains konstatieren. Es bleibt uns nur – und das praktizieren wir ganz bewusst – die Flucht in die Erinnerung, die Erinnerung an unser schönes Paradies.


Kuchenbecker, Hans - [10] - Groß Kreutz 1969 – 1979

Wir schreiben das Jahr 1969. Ein Bürgermeisterwechsel steht ins Haus. Bürgermeister Wilhelm Diebetz, der über zwei Jahrzehnte das Amt leitete, scheidet aus Altersgründen aus. Ein neuer Bürgermeister, Herr Hans Kuchenbecker wurde der Nachfolger, der es sehr schwer hatte, das alteingebürgerte weiterzuleiten. Er war ein Arbeiterkind, der sehr gut die Sorgen der Bürger der Gemeinde kannte und mit allen Mitteln versuchte, allen einigermaßen gerecht zu werden, was ihm jedoch nicht immer gelang. Er hatte auch von Anfang an, einige Abgeordnete, die alles besser wußten, aber nichts taten, um es umzusetzen. (Anmerkung des Chronisten: Es werden 2 Namen genannt; die Genannten sind zwar verstorben, aber aus Gründen der Rücksichtnahme gegenüber den Nachkommen, werden sie hier nicht aufgeführt.) Es war eine schlimme Zeit für den neuen Bürgermeister. Der alte, Herr Diebetz hatte eine große Stütze durch, vor allem 3 ansäßige Betriebe wie, Hochbau Liere, Elektroanlagenbau Volkmann und nicht zuletzt die größte Stütze Straßen und Tiefbau Wendland, mit Sitz in Bochow-Bruch. Es begann ein Fühlen und Abtasten um das Beste herauszufinden um allen gerecht zu werden, Groß Kreutz derzeit 1700 – 1730 Einwohner. Eine Volksvertretung von 26 Personen. Davon 19 Männer und 7 Frauen. Im Gemeinderat 8 Männer und eine Frau. Betriebe: VEG Groß Kreutz, GPG „Frühling“ Teil Betrieb Groß Kreutz, GPG „Sorgenfrei“ Teil Betrieb Groß Kreutz, BHG Groß Kreutz, Hochbaufirma Liere – später VEB, KG Wendland Straßen und Tiefbau mit sitz in Bochow Bruch, später VEB, ADL Versuchsgut Groß Kreutz, ACZ Groß Kreutz, Melorationsbau -Lager Groß Kreutz. Gewerbe: Malermeister Friedrich Bahnhofstraße, Tischlermeister Schmidt Dorfstraße, Tischlermeister Becker Rotdornweg, Kfz Werkstatt Harry Merten Brandenburger Straße. Tankstelle Wegener Potsdamer Straße, Kfz-Wekstatt Frank Völker Brandenburger Str. Handel: Kaufhaus-Konsum-Industriewaren, Schuhverkaufsstelle Konsum, Textil Vst. Konsum und privat Bär Schulstr., 2 Lebensmittel Vst. Konsum 1, HO Parnemann Potsd., 1 Fleischerei : Konsum (ehem. Schwarze), Fleischerei Jedamski Potsdamer Str., Bäckerei Düwel Triftstr. Dienstleistung Frisör Salon Perenz Bahnhofstr., Frisör Salon (b. Scheidhauer) Potsdamer Str., Wäscheannahme-Stelle und Rolle Dorfstraße auch Waschstützpunkt genannt. Gesundheitswesen: Apotheke (Märkische) Brandenburger Str., 1 Staatliche Arztpraxis Dr. Schulz Potsdamer Str., 1 staatliche Zahnarztpraxis Dr. Bielas, 1 stattliche Gemeindeschwester Toni Tietz, 1 konfessionelle Gemeindeschwester Erika, 1 staatliche Kinderkrippe Gartenstr. Schulwesen: 1 Polytechnische Oberschule 340 Schüler und 22 Lehrer, 1 Schulhort, 1 Gemeindebibliothek, 1 staatlicher Kindergarten, 1 konfessioneller Kindergarten. Post: Post und Telefon Stelle Brandenburger Str., 1 Freiwillige Feuerwehr Leiter Herr Hochfeld Schulstraße. Sowie Sport: Tanzgruppe OS u. BBS Groß Kreutz, 1 Gemischter Chor unter Leitung Herr Schulz, 1 Tischtennisgruppe BBS Herr Wegener, später Fußballgruppe Herr Messerschmidt und Jugendklub. In den Jahren 1969 – 1979 standen einige Probleme in der Gemeinde an und mußten gelöst werden. Die Straßenbeleuchtung war wie in Alterszeiten durch Drahtseile über die Straße gespannt und einfache Hängelampen. Das Energie-Netz wurde im ganzen Dorf verkabelt durch die Ernergieversorgung Potsdam. Die Straßenbeleuchtung war unsere Sache, aber dafür war kein Geld. Bürgermeister Ku. Und Herr Volkmann kamen überein das Kabel mit reinzulegen und Lampen und Masten ebenfalls zu installieren. Die Geldfrage stand offen. Bürgermeister hat mit dem Finanzdirektor Schneider des Kreises Potsdam so lange und oft geredet bis 44000,- Mark zur Verfügung gestellt wurden. - Ein weiteres Thema – Friedhofseinzäunung Draht, Pfähle und Heckenpflanzen wurden gekauft und durch Aufruf an die Bevölkerung appeliert und in freiwilligen Arbeitseinsätzen an Wochenenden, wurde der Friedhof eingezäunt. - Strenger Winter 1970 hat uns mit Schneefall zu schaffen gemacht. Die Straße waren kaum passierbar auch das Problem haben wir gemeinsam Bürger und Betriebe, durch Fahrzeuge, Bagger u.s.w. gelöst. Fäkalienpumpstation musste gebaut werden damit die Neubauten in der Ernst-Thälmann-Straße an die Kanalisation angeschlossen werden konnten. Es ging um ein paar m² Land von Herrn Gärtner Lehmann, der sich bei Herrn Diebetz stur stellte, aber es war dringend notwendig. Ein 1-stündiges Gespräch mit dem neuen Bürgermeister ergab, dass Pumpenhaus in der Potsdamer Straße, konnte gebaut werden. Die Be- und Entwässerung für die Neubauten war gesichert. So wurde auch die Wasserleitung in der Potsdamer Straße verlegt. Später in der Garten und Bochower Straße. Die Grün und Heckenanlage wurde in der Potsdamer Str. dadurch stark beschädigt vor Haus 60 -70. Die Bürger waren Gelassen, Bürgermeister Ku. Beschaffte Heckenpflanzen und Gehwegplatten und die Bürger pflanzten neue Hecken und verlegten Gehsteigplatten selbst vor ihren Grundstücken. Alles unentgeltlich. - Es geschah etwas trauriges für die gesamte Gemeinde. Im März 1974 ist unser Arzt Herr Schulz bei starkem Seegang mit Herrn Kretschmar im Segelboot gekentert und ertrank. 3-4 Wochen später verunglückte unsere Gemeindeschwester Toni Tietz mit dem Moped weil sie einem sehr Herzkranken helfen wollte. So mußte ein neuer Arzt und eine Gemeindeschwester gesucht werden. Es gelang uns sehr schnell diese zu finden.Aus mehreren Bewerbungen wurde Herr Dipl. Med. Axel Barthel als Arzt für Arztpraxis gewonnen. Als Gemeindeschwester Frau (Name ist mir entfallen[11]). - Die Schule in der Schulstraße war über und über voll. Es mußte eine Lösung gefunden werden. Der Konsum verlegte den Sitz nach Werder und so wurde die Baracke in der Bochower Straße frei.Wir schalteten schnell und übernahmen die Baracke für die Schule. Ein Schulneubau sollte in Groß Kreutz gebaut werden, aber wurde im Kreis Potsdam Jahr für Jahr verschoben. So schafften wir einen Behelf.-Die Schulspeisung platzte aus allen Nähten. Die ehemalige Backstube Kaatz, neben der Schule, konnte kaum nochmal in Betrieb genommen werden. Viele Hürden mußten überwunden werden, aber am Ende gelang es uns, diese Backstube zur Schulküche auszubauen. - Auch die Freiwillige Feuerwehr ist zweimal in den zehn Jahren umgezogen. Viele Beratungen, viel Ärger und Verdruß aber es wurde geschafft in den Garagen des ACZ in der Dorfstraße unterzukommen. Durch die weitere Veränderung im Handelsnetz und den bau von Wohnungen und Heizhaus des VEG auf dem ehemaligen ADL Grundstück und den 6 WE Bau des Des Hoch- und Tiefbau wurde ein Geräte und Feuerwehrhaus, mit Versammlungsraum und Toilette gebaut. - 1974 war es soweit das ein Einkaufszentrum-Konsum geschaffen wurde in dem die kleinen Verkaufsstellen zu gemacht wurden. So Lebensmittelgeschäft Haseloff – privat WE geschaffen, Lebensmittelgeschäft Konsum bei Titsch – hier wurde oben Textil und unten Schuhwaren verkauft. Konsumfleisch Vst auch im LEZ – Hier entstand der Blumenladen Zuch der GPG Sorgenfrei. Weiter blieb das Textilgeschäft Bär, Lebensmittel HO Parnemann und es entstand ein BHG Laden im ehm. FFW Gerätehaus Schulstraße. Den Friseursalon Perenz übernahm die PGH Friseure Werder. Die HO Gaststätte Zur Post übernahm Herr Titsch, der sehr viel machen wollte aber nur ein paar Jahre Standhielt. - Die Tankstelle konnte auch nicht mehr existieren und wurde geschlossen. - Die Kfz Werkstatt Merten hat sich um das Doppelte vergrößert. - Das Lager der Meloration hat sich auch vergrößert, da die Bewässerung der Obstbauflächen an 1. Stelle im Bezirk stand. - Der Müllplatz wurde geschlossen und mit Sand aufgefüllt. An der Straße entstand ein Laugebunker für den Winterdienst der Straßenmeisterei.. - Die Neuapostolische Gemeinde baute ein neues Gebetshaus hinter dem Friedhof und zog bei Völker aus in der Brandenburger Straße. Kfz Meister Frank Völker vergrößerte dadurch seine Werkstatt. - Die GPG „Sorgenfrei“ baute 6 Einfamilienhäuser hinter der Gartenstraße.. - Die ACZ, die GPG bauten weitere Wohnblöcke in der Ernst-Thälmann-Straße und auch in der Mühlenstraße wurden Eigenheime gebaut. - Im Ausbau Groß Kreutz wurde ein Buswendeplatz gebaut, damit der Schulbus dort wenden konnte. - Auch in der Neuen Straße wurden private Eigenheime gebaut. Auch Herr Dr. Barthel baute dort und verlegte die Arztpraxis in sein Grundstück. Die staatliche Arztpraxis bei der Mühle Puhlmann wurde geschlossen. - Zwei Bushalte-Wartehäuschen wurden gekauft und in der Potsdamer Straße und Bahnhofstraße aufgestellt. -Der Sportplatz wurde bespielbar gestaltet und der Sportverein Groß Kreutz gefördert. - 1977/78 neuer Schulkomplex /2 Blöcke) für BBS und VEG gebaut und übergeben. - Erwähnenswert wäre auch die gute Disziplin und Bereitschaft der Bevölkerung, der Betriebe und der Schule bei der groß angelegten Übung der Zivilverteidigung. Sie war eine Übung – als Muster – für den Kreis Potsdam Land wobei viele Beobachter aus den Gemeinden und des Kreises anwesend waren. Die Übung wurde unter der Leitung des ZV Vors. - Bürgermeister Ku. mit seinem ZV Komitee Herrn Wolter und AKT Herr Virke diszipliniert durchgeführt. Alle gaben ihr Bestes ob Ärzte, Rote Kreuz Schwestern,Betriebe, Oberschule, BBS u.a. Der z.Zt. stationierte Hubschrauber der Roten Armee der zur Schädlingsbekämpfung eingesetzt war, machte mit, warf Rauchbomben ab. So wurde die Übung für den Ernstfall zum vollen Erfolg und Beispiel für alle Städte und Gemeinden des Kreises Potsdam Land. - 10 Jahre waren eine schwere, aber erfolgreiche Zeit. Es wurde einiges geschaffen wobei die Solidarität aller von großer Bedeutung war. Aus Gesundheitsgründen schied dann auch Bürgermeister Ku. 1979 aus. Er hatte eine gute Stütze durch seinen Stellvertreter Herr Gottfried Turek, seinen Rat und den der Abgeordneten der Gemeindevertretung. Es fehlte überall an Geld und alles in Eigenleistung zu machen war unmöglich. - Dank an alle Bürger, Betriebe und Einrichtungen, den Massenorganisationen und alle die mitgeholfen haben. gez. Hans Kuchenbecker

(Hinweise des Chronisten: Diese Informationen wurden zwei Jahrzehnte später aufgeschrieben. Die zeitlichen Abläufe sind nicht immer ganz korrekt, einige kann man im „Zeitstrahl“ verifizieren, wobei auch hier nicht alle Daten immer stimmen. Trotzdem geben sie einen interessanten Einblick in die Situationen der siebziger Jahre und den damals gesetzten Prioritäten.)

  1. Quelle: Domstiftsarchiv Brandenburg, Pfarrarchiv Groß Kreutz, Gedenkrede bei der Beerdigung von Postillion Habermann; Pfarrarchiv Groß Kreutz, Akte-Nr. GrK 37/31
  2. Abschnitt aus einem Brief vom März 1950 Friedrich Petzels anlässlich des 50-jährigen Bestehens des evangelischen Kindergarten an die Kirchengemeinde Groß Kreutz
  3. Bodo von der Marwitz: "Aus dem Leben und vom Tod meiner Brüder" (Auszug aus den Aufzeichnungen von B.v.d.Marwitz aus dem Abschnitt "Militärzeit"; Köln, 29. November 1978, Schreibmaschinenabschrift Seite 9
  4. In den Gebäuden am Rotdornweg wohnten nach dem Krieg folgende Familien: Perenz, Arnold/ Lade, Hagemann/Triebsch und im Wald Freyer und Tempel
  5. Dies ist ein Auszug von dem Text, den Frau Margarete Düwel für die Festschrift zur 700 Jahrfeier zur Verfügung gestellt hat.
  6. Dies ist ein Auszug von dem Text, den Frau Ruth Kurth für die Festschrift zur 700 Jahrfeier zur Verfügung gestellt hat.
  7. von Reinhart Görsch
  8. Anm.Chron.: Gemeint ist der Zolchowsee, der westliche Ausläufer des Plessowersees. Es gab zwei Wege zu ihm, der erlaubte und mühsehlige durch Müllsand oder den bequehmen und verbotenen, auf der Autobahn. Damals endete der westliche Teil des heutigen Berliner Ringes A10, wo heute AS Potsdam Nord ist. Die Autobahn war so wenig befahren, dass wir Kinder auf der Fahrbahn liegend die Bäuche gewärmt haben
  9. Anm.Chron.: Damals wurden die Schlittschuhe mit schraubbaren Klammern an der Schuhsohle und am Hacken befestigt
  10. Bericht aus dem Wirken eines Bürgermeisters aus seiner Amtszeit. Die folgenden Zeilen wurden anlässlich der 700-Jahrfeier von ihm selbst verfasst und dem Ortschronisten zur Verfügung gestellt. (Wörtliche Abschrift)
  11. Ingeborg Müller, Ergänzung vom Chronisten